Stück

In weiter Ferne

Schauspiel von Churchill Caryl

Bereich Erwachsene
Sprache Deutsch, Hochsprache
Eignung Jugend
Erwachsene
Charakter modern
Besetzung 3 gesamt / 2 weiblich / 1 männlich
Darstellungsort Haus
Spieldauer 90 min
Verlag Jussenhoven & Fischer
Inhaltsangabe EINS Die junge Joan kann nachts nicht schlafen. Etwas geht vor auf dem Lande im Hause ihrer Tante Harper, wo sie, fern ihrer Heimatstadt, zu Besuch ist. Aber was? Joan hat Geräusche gehört. War es der Schrei einer Eule, wie ihre Tante sie glauben machen will. Oder waren es nicht doch Menschenstimmen? Außerdem hat sie draußen Blut auf dem Boden gesehen. Ist dort wirklich ein Hund überfahren worden, wie die Tante ihr einreden will? Was aber war mit den Menschen im Lastwagen, die der Onkel in den Schuppen getrieben hat? Sie können doch nicht zu einer Party gekommen sein, wie Tante Harper ihr weismachen will. Denn es waren darunter auch Kinder, und der Onkel hat mit einer Stange zugeschlagen. Auf jede Erklärung ihrer Tante stellt Joan neue, auf ihren Beobachtungen basierende Fragen. Und jede Antwort entpuppt sich als Lüge. Zwar gibt sich Joan mit der letzten Erklärung zufrieden - der Onkel helfe bedrängten Flüchtlingen, und er müsse zu seinem und ihrem Schutz vor Verrätern und zum Schutz der guten Sache auch einmal kräftig blutig durchgreifen - aber ob damit das bedrohliche Geheimnis, von dem Joan niemandem etwas verraten darf, tatsächlich benannt wird, bleibt offen und zweifelhaft. Es herrscht eine Atmosphäre anonymer Bedrohung. ZWEI Jahre später. Joan arbeitet in einer Hutmacherwerkstatt, in der laut Todd etwas faul ist; von Korruption auf mehreren Ebenen der Firma ist die Rede, von Unregelmäßigkeiten bei der Auftragsvergabe, von Unrechtmäßigkeiten in großem Stil und im weitesten Sinne, von Prozessen, die im Fernsehen übertragen werden, also von Schauprozessen. Außerdem ist von prekären Wohnverhältnissen die Rede. Zusammen mit ihrem Kollegen Todd kreiert Joan Hüte für einen Wettbewerb, eine Modenschau der ganz eigenen Art, nämlich für die große Parade, eine Parade der Verurteilten, die diese auf ihrem Weg zur Exekution tragen. „Die Parade: fünf sind zu wenig und zwanzig besser als zehn. Vielleicht hundert?” kommentiert Caryl Churchill. Joan gewinnt auf Anhieb den Wettbewerb. Sie beklagt mit Todd nur die Tatsache, daß die Kreationen mit den Leichen der Exekutierten verbrannt werden. Auch wenn bei beiden die Zweifel am gerechten Wesen und Sinn des gesamten Systems bleiben: Die Arbeit geht weiter. Und verliebt haben sie sich auch. DREI Wieder sind Jahre vergangen. Todd, inzwischen mit Joan verheiratet, hat Zuflucht bei Harper gefunden, wie einst Joan bei ihrer Tante. Krieg ist inzwischen zum globalen Naturzustand geworden. Die Fronten sind unklarer denn je. Waren heute noch die Wespen unsere Feinde, sind es morgen schon die lettischen Zahnärzte. Und ob die Rehe noch auf unserer Seite stehen, muß bezweifelt werden; sind sie nicht vielleicht längst zu den Computerprogrammierern, Spaniern und Hunden übergelaufen? Oder stehen sie in Diensten des Grases, der Japaner, des Lärms und des Lichts? Jedenfalls herrscht Mißtrauen nicht nur zwischen Harper und Todd; jeder gefährdet jeden. Und Joan, die sich einen Fronturlaub bis zum Wecken bei ihrer Tante Harper gegönnt hat, um ihren Mann Todd zu sehen, hat von ihrem Weg über die Kriegsschauplätze nur Grauen zu berichten, von blutenden Ratten und Leichenbergen. Ihre einzige Überlebenschance bestand im Durchschwimmen eines Flusses. Doch wie würde der Fluß reagieren? Als Feind oder Freund? „Das Wasser war sehr kalt... [man] kann nicht wissen, was noch geschehen wird. In jedem Fall umspült einem das Wasser die Füße.”