Stück

Wounds Are Forever

Schauspiel von Ben Yishai Sivan

Bereich Erwachsene
Sprache Deutsch, Hochsprache
Eignung Erwachsene
Charakter ernst
Besetzung 4 gesamt / 2 weiblich / 2 männlich
Darstellungsort Stilbühne
Thema Politik
Spieldauer 100 min
Verlag Suhrkamp Verlag
Inhaltsangabe Israel, Sommer 2014, vier Uhr morgens, 40 Grad, Hundstage. Ein Land, zwei Leben, das eine gewaltsam beendet, das andere im Aufbruch: Der Jugendliche Muhammad wurde eben ermordet, aus politischer Rache, die Protagonistin Sivan wartet auf ihren Transport zum Flughafen, One-Way-Ticket, neues Leben, Deutschland. Ein Malteserhündchen pinkelt an ihren Rollkoffer – ein motivischer Vorbote. Denn vor dieser Ausreise wird uns die historische Backstory erzählt, die natürlich in die andere Richtung verläuft, dabei aber eine radikal neue, feministische Perspektivierung und neue Schauplätze erfährt: Die Autorin leiht der ambivalenten Heldin dafür ihren eigenen Namen, Sivan, schweißt diese jüdische Frau mit einer deutschen Schäferhündin zu einem unschlagbaren Team zusammen und schickt die beiden auf eine so aberwitzige wie schmerzhafte Odyssee, die 1938 in Nazi-Deutschland beginnt und schließlich nach »Falastin« führt, ins umkämpfte gelobte Land. Sivan mutiert dabei von der Holocaustüberlebenden zur Partisanin in den sowjetischen Wäldern und weiter zur wild entschlossenen Zionistin. Sie wird zur überlebensgroßen Figur, zum Körper der kollektiven Erfahrungen, zur leidenschaftlichen und radikalen Ideenträgerin, zu Opfer und Täterin gleichermaßen. Sivan Ben Yishai erforscht in ihren Theatertexten stets die gegenseitige Durchdringung von Individuum und Gesellschaftskörper, von Ich und Wir. Welche politischen Implikationen liegen hinter den eigenen biografischen Koordinaten? Die sagenhafte Odyssee in »Wounds Are Forever« bedient dabei nur bedingt unsere Sehnsucht nach der story-telling-mashine, sie forscht vielmehr nach der Webstruktur der Geschichte – und der Wunden. Unterlegt wird diese Suche von einer Musikerin und ihrer toten Klezmer-Band, die nicht nur den Soundtrack beisteuert, sondern auch die kritische Begleiterin des Bühnengeschehens ist. In das zwei weitere, aufdringliche Stimmen sich immer wieder einmischen: Mum und Dad, fernmündlich, die ihrer Tochter Sivan vorwerfen, dass sie sich zum Joker-Jew des deutschen Theaterbetriebs mache. Brutal, komisch, rasant und politisch schreibt sich Sivan Ben Yishai das 20. und 21. Jahrhundert auf den eigenen Körper. Sie macht die Historie dabei zur Kulisse, vor der wir unser eigenes Verhältnis zu dieser problematischen Vergangenheit, ihren Wunden und unserem Diskurs darüber neu verhandeln können.