Stück

Über das Marionettentheater

Prosa von von Kleist Heinrich

Sprache Deutsch, Hochsprache
Charakter heiter/ernst
Verlag Reclam Verlag Leipzig
Inhaltsangabe In exemplarischer Weise illustriert der Autor ein Grundthema: die Frage, ob Vernunft oder Gefühl den Menschen in seinem Verhalten steuert. Der Erzähler gibt sein Zwiegespräch mit einem wegen seiner Anmut bewunderten Tänzer wieder, den er mehrere Male beim Besuch eines Marionettentheaters gesehen hat. Der Angesprochene schildert ihm, wie sehr er die „natürliche Grazie“ der Bewegungen der Puppen bewundert und welche Lehre er für sich daraus zieht: dass es eine natürliche Anmut gebe, die sich in völliger Abwesenheit von Bewusstsein manifestiere. Sein Beispiel ist – neben den mechanischen Gliederpuppen des Marionettentheaters – der Dornauszieher, ein Knabe, der mit wunderbarer Grazie einen Dorn aus seinem Fuß zieht und, als er sich beobachtet sieht, unter der Kontrolle seines Verstandes die Bewegung in ihrer Schönheit nachzuahmen versucht, was ihm natürlich misslingt. Im Gespräch wird ausgehend von diesen beiden Beispielen die These aufgestellt, dass entweder völlige Abwesenheit von verstandesmäßigem Einfluss (wie beim „Gliedermann“ des Marionettentheaters) oder aber, als das andere Extrem, völlige geistige Kontrolle aller Handlungen (wie bei einem perfekten Schauspieler) das gewünschte „natürliche“ Verhalten erzeugen. Vollendete Anmut und Natürlichkeit besitzt demnach jemand, der sich entweder völlig unbefangen und unbewusst wie ein Kind verhält oder aber sein Verhalten durch totale rationale Kontrolle steuert.